Als wir vor 13 Jahren mit unserem ersten Internetportal online gingen, verlangten wir CHF 120 pro 1’000 Bannereinblendungen (sog. Tausenderkontaktpreis, TKP). Auch als wir 2001 mit unserem Studentenportal online gingen, war der marktübliche TKP über CHF 100. Seither sind die Preise für Online-Werbung konstant gefallen. Zuerst auf CHF 70-80, dann hatten sie sich längere Zeit auf circa CHF 50 eingependelt, aktuell ist circa CHF 30 TKP als Listenpreis akzeptiert. Immer öfters kommen jedoch Agenturen mit Buchungsanfragen auf der Basis von CHF 5 TKP. Deutsche Agenturen erachten EUR 1-2 als durchaus normal. Vermarktet eine Website ihre Restplätze über einen Pool, resultieren effektive TKP im Bereich von CHF 2-3.
Die Gründe dafür sind vielfältig, aber offensichtlich: Zu Beginn bezahlten die Werbekunden schlicht zu viel und hatten als Vergleichswerte nur Printinserate. Dann wurde ihnen irgendwann klar, wie viel sie wirklich für einen Klick eines Users bezahlen. Gleichzeitig sanken die Klickraten, da immer mehr User immun gegen Onlinewerbung sind oder sogar Werbeblocker aktiviert haben. Hinzu kamen eine Vielzahl von Agenturen, welche sich Marktanteile gekauft haben, indem sie den Werbekunden tiefere TKP versprochen haben. Die Verlage haben bereitwillig mitgemacht, denn die meisten Plattformen haben sowieso Überkapazitäten. Einige Verlage haben zudem mehrere Websites zu Pools zusammengefasst und von sich aus für solche Poolbuchungen tiefere TKP offeriert. Denn obwohl der Markt für Onlinewerbung im Gegensatz zu Print wächst, ist die Anzahl Plattformen und damit die Möglichkeiten für Unternehmen, ihre Werbung zu platzieren, überproportional gestiegen. Weiter konkurrenzieren natürlich auch Google und Facebook um die Werbebudgets und das mit Preisen im Rappen- oder maximal tiefen Frankenbereich pro effektivem Klick.
Rein betriebswirtschaftlich betrachtet kann man argumentieren, dass hier der Markt schon fast vorbildlich spielt und es entsprechend zu einer Marktbereinigung kommt. Auf der anderen Seite gilt es zu überlegen, was dies konkret für die Medienlandschaft bedeutet. Denn viele Plattformen basieren auf werbefinanzierten Geschäftsmodellen und konnten damit in den letzten Jahren ihre Angebote betreiben. Der rapide Preiszerfall kann jedoch nur mit Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen nicht kompensiert werden. Entsprechend werden in naher Zukunft diverse werbefinanzierte Plattformen von der Bildfläche verschwinden. Mit einem TKP unter CHF 5 lassen sich nur noch sehr reichweitenstarke Plattformen kostendeckend betreiben.
Analysieren wir dazu die Juli-Zahlen von Net-Metrix. Im Schnitt kamen die 238 angeschlossenen Websites auf 13’416’813 Page Impressions, also Seitenaufrufe. Klammert man aber die 10 reichweitenstärksten Websites* (Blick, 20min D-CH, Bluewin, Homegate, Microsoft, Tagesanzeiger, GMX, AutoScout24, 20min F-CH und search.ch) aus, welche zusammen auf über 2 Milliarden Page Impressions kommen, liegt der Durchschnitt der restlichen 228 Websites noch bei 4’865’930 Page Impressions. Davon haben aber 125 Websites weniger als 1’000’000 Page Impressions, darunter so bekannte Websites wie sonntagszeitung.ch, handelszeitung.ch, annabelle.ch, persoenlich.com, netzwertig.com und hrtoday.ch. Und bei Net-Metrix sind ja überdies fast nur Websites vertreten, die eine solide Marktposition und eine gewisse Reichweite haben. Klar, viele dieser Websites sind nicht reine Online-Angebote und verdienen z.B. noch Geld über Abonnements und Inserate ihrer Printprodukte. Da Printwerbung aber stark rückläufig und immer mehr Leute Medien online konsumieren wollen, muss das Online-Angebot künftig als Ertragspfeiler dienen können. Entsprechend installieren immer mehr renommierte Verlage eine Paywall und machen ihre Online-Artikel kostenpflichtig.
Picken wir aber zwei Beispiele heraus: Das Online-Portal der Kommunikationsbranche persoenlich.com kam im Juli auf 402’000 Page Impressions, der Internet-Themenblog netzwertig.com auf 206’000 Page Impressions. Gehen wir von 5 Werbeflächen pro Seite aus, können die beiden Plattformen rund 2’000’000 bzw. 1’000’000 AdImpressions (Bannereinblendungen) pro Monat ausliefern. Nehmen wir einen (eher hohen) Auslastungsgrad von 60% und einen TKP von CHF 5 an, ergibt dies einen monatlichen Umsatz von CHF 6’000 für persoenlich.com und CHF 3’000 für netzwertig.com. Davon gehen noch Vermittlungsprovisionen für die Agenturen von bis zu 35% weg.
Es ist offensichtlich, dass sich Plattformen mit weniger als 1’000’000 Page Impressions pro Monat in naher Zukunft nicht mehr über Werbung finanzieren lassen. Nischen-Websites für spezielle Zielgruppen werden nur noch als Hobby-Projekte überleben und keine Löhne mehr bezahlen können. Ich will meine Analyse überhaupt nicht als Kulturpessimismus verstanden haben noch beklage ich die Entwicklung oder mache irgendjemandem einen Vorwurf. Aber es ist schon (diplomatisch ausgedrückt) «interessant» zu sehen, wie schnell sich ein Markt verändern kann und Geschäftsmodelle verunmöglicht werden.
*) Hinweis: Die NZZ hat im Juli ihre Zahlen nicht publiziert.
Zwei Nachfragen,
a. Wie beurteilst du die Vermarktungszukunft von Websites, die sehr homogene Zielgruppen erreichen?
b. Ich stelle fest, dass bei Werbekunden mehr und mehr kombiniterte Off-/Online-Plattformen an Attraktivität gewinnen. Ist generell ein solcher Trend feststellbar?
a) Klar definierte, homogene Zielgruppen sind für die Vermarktung auch in Zukunft interessant. Auch lassen sich damit tendenziell höhere TKP erzielen. Je homogener die Zielgruppe, desto tiefer ist aber im Normalfall die Reichweite und dann bist du genau in diesem Teufelskreis. Allerdings eröffnen lukrative Zielgruppen auch Einnahmequellen abseits der reinen Displaywerbung (Sponsorings, bezahlte Publireportagen, Newsletter etc.).
b) Ja, definitiv. Oftmals auch noch in Kombination mit Promotionen am POS, an Bahnhöfen etc. Allerdings muss man als Verlag/Plattformbetreiber dies einerseits überhaupt anbieten können, andererseits löst dies das Problem der sinkenden Online-Werbeeinahmen nicht.
Ich glaube, dass man auch in der Zukunft seine Website mit Werbung finanzieren kann, aber man braucht guten Content. Gerade kleinere Seiten können mit Sponsoren/Partnern mehr verdienen als mit reinen Bannern auf einem tiefen TKP.
Da bin ich einverstanden, das habe ich auch im ersten Kommentar schon angemerkt. Ich spreche deshalb bewusst von «werbefinanziert» im Sinne von reiner Bannerwerbung. Allerdings hat meine Erfahrung gezeigt, dass die Sponsoren/Partner auch immer kritischer werden und weniger fix und mehr erfolgsabhängig (z.B. pro Lead, pro Sale) bezahlen wollen.
Noch eine Präzisierung: Mit «Finanzierung» meine ich das professionelle Betreiben mit zu Marktlöhnen angestellten Mitarbeitern etc. Nicht dass mit Werbung die Hostingkosten und ab und zu ein kostenpflichtiges Tool bezahlt werden können.
Sehr interessant die Aussage von Mark Walder, CEO-Ringier:
«Digital kompensiert bei weitem nicht die Verlust aus dem Print. In den USA nahm die Werbung in Zeitungen von 2010 auf 2011 um USD 2.1 Mia. ab; dem gegenüber steht ein Plus von USD 207 Millionen bei der Online Werbung.»
http://www.persoenlich.com/news/show_news.cfm?newsid=104701