Ich bin ein grosser Verfechter des orts- und zeitunabhängigen Arbeitens und damit natürlich auch ein Befürworter von flexiblen Home-Office Modellen. Aktuell arbeiten aufgrund der Corona-Epidemie auf Empfehlung des Bundesrates und auf Anordnung des Arbeitgebers gerade so viele Menschen im Home-Office wie noch nie. Konkrete Zahlen fehlen, aber es werden zig Tausende sein. Dies gilt auch für Unternehmen, für welche Home-Office bis vor Kurzem ein rotes Tuch war. Leider treten nun schon die ersten Zyniker auf den Plan. Sie machen sich über die Probleme im Home-Office lustig und fragen suggestiv, ob wir nun tatsächlich immer noch so von Home-Office überzeugt seien.

Dabei hat die aktuelle Home-Office Situation nichts mit Home Office im wirklichen Sinn zu tun:

  1. Die momentane Arbeit im Home-Office ist nicht selbstgewählt, sondern verordnet. Ich entscheide mich z.B. aktiv für Home-Office, wenn ich keine Sitzungen habe und ungestört an konzeptionellen Themen arbeiten will.
  2. Fast niemand will 100% im Home-Office arbeiten. Es geht darum, für die jeweilige Tätigkeit das ideale Umfeld zu finden (siehe 1). Ständiges Home-Office ohne soziale Kontakte im Büro ist keine Forderung.
  3. Home-Office will geplant und getestet sein. Wenn von heute auf morgen die ganze Belegschaft remote arbeitet, überfordert dies die Prozesse und die Arbeitsplatzkultur.
  4. Es muss das entsprechende Setup (Daten in der Cloud, VOIP-Telefonie, Kollaborationstool etc.) vorhanden sein. Wenn die Mitarbeitenden im Home-Office nicht effizient arbeiten können, weil sie auf physische Unterlagen im Büro angewiesen sind, kann Home-Office nicht klappen.
  5. Im reulären Home-Office ist die Kinderbetreuung geregelt. Niemand kommt auf die Idee, freiwillig von zuhause aus zu arbeiten, wenn die kleinen Kinder herumtollen und die grösseren Kinder via Homeschooling unterrichtet werden sollten.
  6. Einen Tag in den eigenen vier Wänden arbeiten ist in Ordnung, aber am Abend und am Wochenende braucht man frische Luft und soziale Kontakte (siehe 2). Beides ist in der Corona-Epidemie nicht gegeben.
  7. Unfreiwilliges Home-Office, die ganze Familie tagelang auf engstem Raum, keine sozialen Kontakte, Ängste um Gesundheit und Job hemmen die Produktivität. Dabei ist gerade diese ein wichtiges Element vom eigentlichen Home-Office.

Ich bin überzeugt, dass sehr viele Unternehmen gerade wahnsinnig viel lernen im Bereich Agilität, Digitalisierung und New Work. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir einfach komplett wieder zur Tagesordnung übergehen. Ich bin deshalb sicher, dass sich die Arbeitswelt aufgrund der Corona-Epidemie verändern wird. Umso wichtiger ist es mir, dass man nun Ansätze wie das Home-Office nicht einfach über Bord wirft, nur weil nicht alles reibungslos funktioniert hat. Die obigen Argumente zeigen hoffentlich, weshalb das Corona Home-Office nichts mit New Work zu tun hat.

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