Ich mache bereits vor dem Wahltag eine erste Analyse des diesjährigen Wahlkampfs, da diese dann noch unverfälscht von den effektiven Resultaten ist:

Seit meinem Hearing-Gespräch im Februar 2019 habe ich fast 500 Stunden in den Wahlkampf investiert. Davon war rund die Hälfte Projektarbeiten, d.h. Besprechungen, Planungsaufgaben, Schreibarbeiten, Koordination etc. Je ein Viertel waren Marketingaktionen und der Besuch von Veranstaltungen. Unabhängig davon, wie morgen die Wahlen ausgehen werden, die Kandidatinnen und Kandidaten der Zuger FDP müssen sich nicht vorwerfen lassen, zu wenig Einsatz gezeigt zu haben. Gezündet wurde unser Engagement einerseits durch den vakanten Sitz, den wir mit allen Mitteln verteidigen wollten. Andererseits machten sich mehrere Kandidaten Hoffnung auf den Sitz und wir haben uns gegenseitig angestachelt und motiviert, unser Bestes zu geben.

Mein breiter Marketing-Mix

Persönlich habe ich als «Vorwärts-Macher» meinen Wahlkampf sehr früh gestartet und ich war als erster Kandidat bereits anfangs Juni mit verschiedenen Werbemitteln präsent. Während des Wahlkampfs habe ich auf einen breiten Marketing-Mix gesetzt, um unterschiedliche Wähler-Segmente abzuholen und multiple Touchpoints zu schaffen. Dazu gehören klassische Instrumente wie Plakate und Inserate, aber auch Werbung im Openair Kino, im Bus und auf den neuen Cityscreens sowie Targeting-Werbung auf einem breiten Netzwerk an News-Websites. Auf Facebook, Instagram und LinkedIn bin ich sowieso immer aktiv und habe dort vor allem Einblick in meinen Wahlkampf gewährt sowie Posts mit politischen Inhalten gemacht. Als einer der ganz wenigen Kandidaten habe ich auch mehrere Videos produziert. Daneben habe ich einen Newsletter mit rund 450 Empfängern aufgebaut, die ich laufend informiert und aktiviert habe. Als Kandidaten-Team waren wir 16x am frühen Morgen am Gipfeli-Verteilen und mehrfach am Samstag auf dem Bundesplatz.

Leider gibt es für politische Kampagnen kein A/B-Testing, d.h. man kann nicht wirklich testen, was funktioniert und was nicht. Denn das gewünschte Resultat sieht man erst am Schluss am Wahltag. Bei einer Werbekampagne für ein Produkt oder eine Dienstleistung kann ich laufend optimieren, wenn der gewünschte Erfolg nicht eintritt. In der Politik kann ich erst 4 Jahre später bei den nächsten Wahlen korrigieren. Dies führt auch dazu, dass alle Kandidaten und Parteien den Standard-Durchbruch fürchten und deshalb so Werbung machen, wie man es schon immer gemacht hat.

Von Tür zu Tür, von Wähler zu Wähler

Die FDP hat dieses Jahr sehr stark auf sogenannte Door2Door-Aktionen gesetzt, also Hausbesuche, was im Kanton Zug früher schon unter dem Begriff «Trölen» praktiziert wurde. Mehr als 20x war ich mit anderen Kandidaten und Vertretern der lokalen Sektion am frühen Abend in fast allen Zuger Gemeinden unterwegs. Auch wenn dies zu Beginn einiges an Überwindung kostete, so ist es meiner Meinung nach ein sehr effektives Instrument. Die Leute erhalten durch den kurzen Kontakt einen persönlichen Eindruck und als Kandidat sticht man aus dem anonymen Kandidatenfeld heraus. Ich bin überzeugt, dass wir viele Nichtwähler mobilisieren und etliche Panaschierstimmen abholen konnten. Nicht zuletzt erhielten wir wertvolle Rückmeldungen, was die Leute in ihren Gemeinden und Quartieren beschäftigt und wo sich die Politik einsetzen sollte. Sogar Neumitglieder konnten wir auf diesem Weg akquirieren. Negative Reaktionen gab es übrigens wirklich nie. Natürlich wollten nicht alle mit uns sprechen, aber die Leute waren immer sehr höflich und haben sich oft dennoch für den Besuch bedankt.

Klimaschutz & die erste Nationalrätin

Thematisch war es ein relativ öder Wahlkampf mit kaum Auseinandersetzung unter den Kandidatinnen und Kandidaten. Natürlich haben wir mit den Leuten oft über den Klimaschutz diskutiert. Dabei war es keineswegs so, dass die Positionen eindeutig waren. Sehr viele Leute auf der Strasse und bei den Hausbesuchen hatten genug von den Debatten und den Forderungen der Grünen. Ich habe den Eindruck, dass die Schweiz in diesem Thema stark polarisiert wurde. Es gibt diejenigen, die dem Klimaschutz nun alles andere unterordnen wollen, und diejenigen, die dies alles als Panikmache und Symbolpolitik abtun. Beides ist der falsche Weg und durch die Polarisierung geht es gar nicht mehr um machbare und effektive Lösungen, sondern um Grundsatzpositionen und moralische Überlegenheit.

Unüberhörbar war auch die Forderung der Frauen, dass nun eine Frau gewählt werden müsse. Da meine Kandidatur dieser Forderung quasi widerspricht, enthalte ich mich eines Kommentars. Vielmehr freue ich mich über die logische Schlussfolgerung, dass ich alle meine Stimmen wegen meiner Kompetenz und meines politischen Programms und nicht wegen meines Geschlechts erhalten habe.

Unbekannte Kandidaten trotz (zu) viel Werbung

Regelmässig erhielten wir auch das Feedback, dass die Kandidatinnen und Kandidaten allesamt unbekannt seien. Hier haben wir ein Huhn-Ei-Problem. An politische Veranstaltungen kommt ausser den Parteimitgliedern niemand und um Standaktionen macht man einen Bogen, um nicht mit uns sprechen zu müssen. Parteien und Kandidaten haben es schwer, im allgemeinen Kampf um die Aufmerksamkeit nicht unterzugehen. Überrascht war ich auch, wie wenige Leute Smartvote kennen, mit dem man diejenigen Kandidaten mit ähnlichen Positionen identifizieren kann. Schlussendlich ist es aber unsere Verantwortung, die Wählerinnen und Wähler zu informieren. Hier müssen wir uns für künftige Wahlen neue Konzepte überlegen.

Gleichzeitig haben sich die Leute auch über die vielen Plakate beklagt. Das sehe ich ebenfalls so und ich habe deshalb auch nicht am allgemeinen Wettrüsten teilgenommen. Nebst den gekauften Plakaten haben wir in den meisten Gemeinden ein paar wenige Plakate mit meinem Sujet hingestellt. Ich habe aber darauf verzichtet, laufend auf jedem noch so kleinen öffentlichen Grundstück verzweifelt nochmals ein Plakat hinzustellen. Ich wünsche mir, dass die Staatskanzlei und die Baudirektion zusammen mit den Parteien für kommende Wahlen eine Vereinbarung aufsetzt, die im Interesse der Wähler, aber auch der Kandidaten, die Anzahl Plakate limitiert.

Die da oben in Bern

Immer mal wieder mussten wir uns den Vorwurf gefallen lassen, dass wir Politiker nach der Wahl ja eh machen, was wir wollen, und dass dies alles leere Wahlversprechen seien. Diese pauschale Aussage zeugt leider von einer allgemeinen Politik-Verdrossenheit, was ich sehr schade finde. Meine Standard-Antwort lautet, dass ich im Fall einer Wahl nur einer von 200 Nationalräten bin und somit jeweils 199 andere von meinen Ideen überzeugen muss. Ich kann somit versprechen, für was ich mich einsetzen werde, nicht was ich umsetzen werde. Der Einfluss des einzelnen Politikers ist in der Schweiz zum Glück sehr begrenzt und die kompromissorientierte Politik sorgt für Stabilität, was eine wichtige Grundlage unseres Wohlstandes ist.

Ganz oder gar nicht!

Rückblickend hat mir der Wahlkampf 2019 viel Spass gemacht. Er war sehr intensiv und sowohl physisch wie auch psychisch durchaus anstrengend. Ich habe aber an der Nominationsversammlung versprochen, dass ich meine ganze Energie in den Wahlkampf investieren werde. Falls es mit der Wahl nicht klappt, habe ich die Gewissheit, alles getan zu haben, was mir möglich war.

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