Mit etwas Abstand zum Wahlsonntag werfe ich hier einen Blick auf mein Resultat bei den Zuger Kantonsratswahlen. Es haben mich viele Leute gefragt, ob ich enttäuscht sei. Die ehrliche Antwort lautet «ja». Es waren die ersten Wahlen, wo ich wirklich angetreten war, um gewählt zu werden. Ich habe einen aktiven Wahlkampf geführt, war stundenlang auf der Strasse unterwegs und habe mich parallel dazu auch online stark engagiert. Wenn man so viel Zeit, Energie und auch etwas Geld (ca. CHF 1’700) investiert, dann ist eine gewisse Enttäuschung ganz natürlich.
Ich bin aber nicht naiv und das Ergebnis (Resultate als PDF) kam nicht völlig überraschend. Die FDP Stadt Zug trat mit 2 bisherigen Kantonsrätinnen und 3 vakanten Sitzen an. Dies bedeutet grundsätzlich für neue Kandidaten eine gute Ausgangslage. Und wir konnten den Wählern eine enorm starke Liste präsentieren. Da kandidierten neben mir 3 amtierende GGR-Mitglieder, 2 ehemalige GGR-Mitglieder, die Geschäftsführerin der Kantonalpartei sowie eine ehemalige Parteipräsidentin. «All Killer, No Filler» würde man dem in der Musikwelt sagen. So sehr mich dies als Parteipräsident freute, so hatte ich mir doch als Kandidat eine wahnsinnige Konkurrenz geschaffen. Entsprechend war ich mir sehr wohl bewusst, dass ich nicht unbedingt mit einer Wahl rechnen durfte.

Aktuelle Ämter und Schulkollegen helfen

Die Analyse fällt relativ einfach aus: Gewählt wurden die drei amtierenden GGR-Mitglieder. Ein aktuelles Mandat im Stadtparlament wird offenbar von den Wählern als gutes Argument für eine Wahl ins Kantonsparlament betrachtet (was ich überhaupt nicht verneine). Wenn ich die Kandidaten vor mir anschaue, dann fällt zudem auf, dass es ganz offensichtlich hilft, wenn man in Zug aufgewachsen ist, hier die Schulen besucht hat und in verschiedenen Vereinen aktiv ist. Das ist selbstverständlich keine neue Erkenntnis und auch völlig logisch, aber trotzdem eigentlich absurd. Man wählt dann also einen Kandidaten, den man zwar als Person kennt, aber dessen politische Meinung vielleicht gar nicht mit der eigenen übereinstimmt. Zu diesem Schluss kommt man auch, wenn man die Panaschierstatistik anschaut: Sehr konservative Kandidaten kriegen Stimmen von ganz links und progressive Kandidaten zuhauf Stimmen von der SVP. Ich selber habe nur gerade 179 Stimmen auf anderen Listen erhalten, während unsere Top-Kandidaten 500-600 Stimmen erhalten haben. Dies machte schlussendlich genau den Unterschied aus.
Ein weiteres Handicap von mir war eindeutig auch der Wohnort. Ich kandidierte in der Stadt Zug und nicht an meinem Wohnort Walchwil. Der Grund dafür war einfach: Ich habe die letzten 10 Jahre in der Stadt Zug gewohnt. Seit bald 6 Jahren bin ich Präsident der FDP Stadt Zug und beschäftige mich praktisch täglich mit der Stadtzuger Politik. Auch wenn ich mich an meinem neuen Wohnort Walchwil sehr wohl fühle, so war es für mich klar, dass ich für «meine» Stadtsektion kandidieren möchte. Nichtsdestotrotz wurde ich ganz offensichtlich dafür abgestraft. Ein Indiz dafür liefert wieder die Panaschierstatistik: Ich habe relativ wenig Stimmen auf veränderten FDP-Listen gemacht. Das bedeutet, dass unsere eigenen Wähler zwar die FDP-Liste genommen haben, mich dann aber zugunsten eines Kandidaten einer anderen Partei gestrichen haben. Auch hier lässt sich folgern, dass der Wohnort offenbar wichtiger ist als die politische Überzeugung.

Die Besonderheit des Proporzsystems

Eine letzte Analyse hat weniger etwas mit mir als Kandidat zu tun, als vielmehr mit dem Parteienproporz als politisches System. Kurz gesagt werden zuerst die Stimmen aller Kandidaten einer Partei addiert und auf dieser Basis wird festgelegt, welche Partei wie viele Sitze hat (z.B. FDP Stadt Zug: 5). Dann erhalten die 5 FDP-Kandidaten mit den meisten Stimmen diese Sitze. Dies bedeutet aber, dass über alle Partieen hinweg nicht diejenigen Kandidaten mit den absolut meisten Stimmen gewählt werden. Ich habe zum Beispiel fast gleich viele Stimmen erhalten wie die beste Kandidatin der CVP und von anderen Parteien wurden etliche Leute gewählt, welche weniger Stimmen gemacht haben als ich (siehe Tabelle).
Nun fragen mich natürlich alle Leute, wie es bei mir politisch weitergeht. Fakt ist, dass ich mein Amt als Präsident der FDP Stadt Zug nächsten Frühling abgeben werde. Alles weitere ist derzeit noch offen – und wird dann Inhalt eines nächsten Blogposts oder Youtube-Videos sein 😉 Wer weiterhin News von mir erhalten will, dem empfehle ich meinen persönlichen Newsletter Freihoch3!

Ergebnisse der Stadtzuger Kandidaten bei den Kantonsratswahlen 2018

Name Partei Stimmen gewählt
1 Stocker Cornelia FDP 3’804 ja
2 Sraub Vroni ALG CSP 3’771 ja
3 Leemann Rainer FDP 3’658 ja
4 Umbach Karen FDP 3’619 ja
5 Birchmeier Eliane FDP 3’568 ja
6 Moos Stefan FDP 3’552 ja
7 Moos Adrian FDP 3’375 nein
8 Gysel Barbara SP 3’264 ja
9 Hotz-Loos Barbara FDP 3’126 nein
10 Risi Adrian SVP 3’118 ja
11 Leemann Manuela CVP 2’955 ja
12 Mollet Patrick FDP 2’921 nein
13 Siegrist Birgitt FDP 2’913 nein
14 Brunner Philip SVP 2’910 ja
15 Sivaganesan Rupan SP 2’847 ja
16 Brandenberg Manuel SVP 2’837 ja
17 Rüegg Richard CVP 2’365 ja
18 Spescha Anna SP 2’280 ja
19 Zimmermann  Tabea ALG CSP 2’275 ja
20 Vuichard Stéphanie ALG CSP 2’154 ja
21 Elsener Benny CVP 2’039 ja
22 Stadlin Daniel glp 1’740 ja
23 Zweifel Nicole glp 1’559 ja
24 Oeuvray Chris FDP 1’303 nein