Als Startup-Unternehmer arbeite ich mit MVPs, sogenannten Minimum Viable Products. Das sind Produkte, deren Funktionsumfang nur das Kernbedürfnis der potentiellen Nutzer abdeckt. Als Startup will man rasch ein Produkt auf dem Markt haben und Feedback von echten Kunden erhalten. Basierend auf der tatsächlichen Nutzung kann man das Produkt laufend weiterentwickeln und die wirklichen Bedürfnisse berücksichtigen. Es geht darum, lieber rasch ein minimal funktionsfähiges Produkt dem Markt auszusetzen, als jahrelang am perfekten Produkt zu tüfteln, welches dann beim Launch komplett floppt.
Auch in der Politik brauchen wir mehr MVPs, nämlich Minimum Viable Policies. Das wären Gesetze und Verordnungen, welche rasch die tatsächlichen Bedürfnisse der Bevölkerung und der Wirtschaft adressieren. Heute fokussiert sich die Politik lieber auf ein perfektes Gesetz, welches sämtliche Ausnahmefälle abdeckt, und dafür erst Jahre später in Kraft tritt.
Ich wünsche mir mutige Menschen in der Legislative, der Exekutive und der Verwaltung, die rasch neue Ideen testen. Was funktioniert, wird weiter verbessert; was nicht funktioniert, wird abgeschossen. Denkbar wäre auch, dass z.B. eine neue Verordnung nur mal mit einem eingeschränkten Nutzerkreis getestet wird. Oder ganz spannend wären A/B-Tests, bei denen zwei unterschiedliche Versionen eines Gesetzes gleichzeitig und parallel getestet werden. Basierend auf den Resultaten würde dann die bessere Version allgemeinverbindlich in Kraft treten. Auf diese Weise würde die Politik nicht mehr durch Glaubensfragen und Bauchentscheide dominiert, sondern es würde sachlich und datenbasiert entschieden.
Selbstverständlich ist Rechtssicherheit ein zentraler Pfeiler unserer Demokratie und ich will auf keinen Fall, dass alle paar Monate die Rahmenbedingungen ändern. Aber in einer sich immer schneller drehenden Welt muss auch die Politik einiges agiler werden.