Wer von uns möchte nicht ein Produkt entwickeln, welches bei der Zielgruppe auf so grosses Interesse stösst, dass sie es immer und immer wieder nutzen? So stark, dass sie fast ein bisschen süchtig danach sind und unser Produkt ohne zu überlegen ganz intuitiv nutzen? Der Autor Nir Eyal geht in seinem Buch «Hooked – How to Build Habit-Forming Products» der Frage nach, was die Eigenschaften eines solchen Produktes sind. Dazu hat er das Hook-Modell mit den vier Phasen Trigger, Aktion, Reward und Investment entwickelt.


Das Hook-Modell startet mit einem Trigger. Nir Eyal unterscheidet dabei externe und interne Trigger. Externe umfassend beispielsweise Werbung oder Empfehlungen durch Freunde. Im Normalfall kommt der Nutzer dadurch das erste Mal mit dem Produkt in Kontakt. Nach einem erfolgreichen Loop durch das Hook-Modell sollten dann interne Trigger im Produkt selbst genügen, um wieder eine Aktion auszulösen. Diese sind im Idealfall so unterschwellig, dass der Nutzer ihn gar nicht bemerkt und die Aktion unbewusst ausführt (z.B. E-Mails checken). Um die richtigen Trigger zu finden, müssen Produktentwickler ein sehr gutes Verständnis für ihre Nutzer entwickeln und der wahren Motivation, weshalb diese das Produkt benutzen, auf den Grund gehen. Wir nutzen E-Mail nicht, weil wir Nachrichten senden und empfangen wollen, sondern weil wir wissen wollen, was in unserem privaten und geschäftlichen Umfeld geschieht und ob uns jemand benötigt, und weil wir Angst haben, etwas zu verpassen.

Hat der Trigger funktioniert, führt der Nutzer eine Aktion aus (Phase 2). Damit das Verhalten stattfinden kann, müssen nebst dem Trigger folgende Elemente vorhanden sein: Motivation und Ability (Fähigkeit). Der User muss also einerseits genügend motiviert und andererseits auch in der Lage sein, die Aktion auszuführen. Das eine funktioniert nicht ohne das andere. Als Motivatoren kommen drei grundlegende Bedürfnispaare in Frage: Freude suchen bzw. Schmerz vermeiden, Hoffnung suchen bzw. Angst vermeiden, soziale Akzeptanz suchen bzw. soziale Isolation vermeiden. Die Fähigkeit ihrerseits beruht auf der eigentlichen Fähigkeit des Users, aber mindestens so stark auch auf der Benutzerfreundlichkeit des Produkts.

In der dritten Phase erhält der User variable Rewards für seine Aktionen. Unterschieden wird zwischen Rewards of Tribe, Rewards of Hunt und Rewards of Self. Das erste umfasst Lob und Anerkennung der Gruppe, also des sozialen Umfelds innerhalb des Produkts, sprich andere User. Beim zweiten geht es um das Sammeln von Informationen, Punkten, aber auch Geld. Die dritte Form von Belohnung basiert auf unserem Streben, Dinge zu vervollständigen (z.B. Kreuzworträtsel), Levels zu erreichen und Auszeichnungen zu erhalten. Ein gutes Produkt muss zudem «unendlich variabel» sein, also dem Nutzer immer wieder neuen, überraschenden Content (Facebook, Instagram, Youtube, aber auch E-Mail etc.) bieten. Sobald etwas absehbar wird, verlieren wir das Interesse.

Zum Abschluss des Hook Cycles geht es darum, dass der Nutzer etwas investiert (Phase 4). Es handelt sich dabei nicht mehr um eine initiale Aktion, sondern um die Nutzung des Produkts. Auch wenn er nur kleine Arbeitsschritte vornimmt, so investiert er doch Zeit und Energie in das Produkt. Dadurch können wir ihn zum nächsten Träger leiten und so den Hook Cycle von vorne beginnen lassen. Gleichzeitig muss das Produkt aber auch durch die Interaktion verbessert werden, indem es beispielsweise laufend an die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Nutzers angepasst wird. Das Produkt wird dadurch für den Nutzer wertvoller, dass Daten, Inhalte, Follower, Skills, Reputation etc. gespeichert werden.

Der Autor schliesst mit Gedanken dazu, welche Gefahren es mit sich bringt, solche potentiell süchtig-machenden Produkte zu entwickeln. Sofern das Produkt das Leben der Menschen verbessert und man das Produkt auch selber verwenden würde, ist dies der Idealfall. Nutzt man das Produkt nicht selbst, ist man ein Hausierer, verbessert es das Leben der Menschen nicht, ist es Entertainment. Beides ist grundsätzlich in Ordnung. Vermeiden sollte man selbstredend die Entwicklung von Produkten, welche man selber nicht nutzt und welche auch das Leben der Menschen nicht verbessert, sonst wird man zum (Drogen-)Dealer.

Das 156 Seiten schlanke Buch verrät keine wirklichen Geheimnisse und das meiste hat man bereits gehört bzw. ist gesunder Menschenverstand. Nichtsdestotrotz motiviert Nir Eyal dazu, sich mal wieder gründlich Gedanken darüber zu machen, wie ein ideales Produkt aussehen sollte. Gerade wenn man sich die Frage stellt, weshalb das eigene Produkt noch nicht erfolgreicher ist, erhält man mit dem Hook Modell gute Inputs. Gleichzeitig wird man sich aber auch als Nutzer wieder bewusst, wie unbewusst man gewisse Produkte nutzt. Der Autor fokussiert naturgemäss sehr stark auf Web-Services und Apps, die Analyse gilt aber zumindest theoretisch natürlich für sämtliche Produkte. Manchmal ist es aber schade, dass als Beispiele fast Immer nur Facebook, Twitter, Instagram und Pinterest genannt werden.